Heimatmuseum
Im ersten Obergeschoss des alten Gefängnisses befindet sich unser Heimatmuseum. Hier finden Sie viele Exponate aus der Vergangenheit von Kaisersesch. Unter der Leitung von Matthias Schnitzler entstand hier eine große Auswahl von Raritäten und Kuriositäten. Auch wenn man das Museum bereits kennt, lohnt sich doch ein Besuch, denn die Ausstellung verändert sich ständig.
"Hätt'ste nicht Lust, dich drum zu kümmern?" Mit dieser Anfrage hatte der Kaisersescher Altbürgermeister Werner Lutz seinerzeit nicht nur die Unterbringung einiger ausgedienter "Sauerkrauttöppe" im Sinn, die der Kaisersescher Matthias Schnitzler für eine Ausstellung im alten Bürgermeisteramt gestiftet hatte. Gemeint war die Konzeption und Ausstattung eines Heimatmuseums im Obergeschoss des "Prison", auch bekannt als "Bullesje", einem 2001 restaurierten Gebäude im historischen Stadtkern von Kaisersesch.
Da konnte Matthias Schnitzler einfach nicht widerstehen, obwohl die Anzahl der vorhandenen Ausstellungsstücke anfangs noch "sehr übersichtlich" war. Mittlerweile kann man den gelernten Maurermeister, Bautechniker und Energieberater getrost als Hobby-Kulturethnologen bezeichnen, der sich mit Hingabe der Betreuung des inzwischen reich ausgestatteten Heimatmuseums widmet. Nachdem er im Jahr 2004 eine Ausstellung für den Tag des Denkmals zusammengestellt hatte, "war es einfach zu schade, die schönen Ausstellungsstücke auf unbestimmte Zeit wieder wegzusperren", so Schnitzler. Seitdem hält er das Museum an jedem ersten Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr für Besucher geöffnet, auch die traditionellen Anlässe wie das Frühlingsfest, die Kirmes oder der Herbst- oder Weihnachtsmarkt locken viele Auswärtige an, sodass es Sonderöffnungszeiten gibt. Zusammen mit den Teilnehmern des monatlich vom "Museumsdirektor" geführten Nachtwächterrundgangs durch den alten Ortskern sowie einigen angemeldeten Gruppen sind es jährlich bis zu 500 Besucher, die sich für die Dinge "von früher" interessieren.
Und wirklich, es gibt erstaunliche, skurrile, wunderschöne und vor allem sehr viele Exponate des täglichen Gebrauchs und auch des spezialisierten Handwerks aus mehreren Jahrhunderten zu sehen. Da findet man die originalen, handgeschmiedeten Nägel aus dem Dachstuhl des 1693 gebauten schiefen Escher Kirchturms neben Kaffeemühlen, Küchengeräten, Werkzeugen, Registrierkassen, Näh-, Strick-, Schreib- und Geldzählmaschinen, Fotoapparaten, Bügeleisen, Waschschüsseln, Sammeltassen und einer Gesetzessammlung aus dem Kaiserreich. Auch Textilien sind zu sehen, so zum Beispiel eine aus amerikanischen Mehlsäcken gefertigte Tischdecke oder auch die Uniformen des letzten Kaisersescher Bahnhofsvorstehers.
Das ist natürlich längst nicht alles. Wer wissen möchte, wie ein Schuhmacher in früheren Zeiten arbeitete, kann eine ganze Werkstattausrüstung mit an die 100 Leisten und Formen bewundern. Oder interessiert Sie eher ein Fernschreiber aus den 50er-Jahren, ein Handdruckgerät (die sogenannte Boston-Maschine von 1875) oder der elektrisch erwärmbare Hutformer, mit dem Filzstulpen für jeden Kopf ins passende Format gebracht werden? Da wäre noch ein Bierkrug für das Bier "to go" vom Außerhausverkauf der Gaststätten, als es noch keine Flaschen gab. Reiselust macht ein Blechkoffer, dessen Aufkleber verraten, dass er um die ganze Welt gekommen ist, bis er von den Ordensschwestern eines Klosters als Bibeltransporter genutzt wurde.
Matthias Schnitzler kennt die Geschichten und Funktionsweisen beinahe aller Einzelteile, und das sind geschätzt an die 1500 bis 2000 Stück. "Meine Frau ist froh, dass wir das Museum nicht zu Hause haben", schmunzelt Schnitzler.
Die Ausdehnung der Sammlung setzt sich von alleine fort, weil es immer wieder Besucher gibt, die Gegenstände aus eigenen Beständen zusteuern, die sie in guten Händen wissen wollen. "Manches ist verstaubt und verdreckt oder in abgelegenen Speichern gelagert", berichtet der Museumsleiter, jedoch würde für die Beschaffung oder Herrichtung ausstellungswürdiger Dinge keine Mühe gescheut.
Eine wahre Mammutaufgabe ist die Katalogisierung der Einzelstücke. Etwa die Hälfte aller Teile ist bereits auf Karteikarten mit Foto, Beschreibung, Herkunftsort und idealerweise auch dem Baujahr dokumentiert. Wenn es Unsicherheiten gibt, kann Matthias Schnitzler auf die Expertise eines befreundeten Landesmuseumsrates aus Nordrhein-Westfalen zurückgreifen.
Faszinierend an diesem speziellen Museum im "Prison" sind die vielen Exponate, an denen man die Technik detailliert nachvollziehen kann. Und darin liegt eben auch der tiefere Sinn von Sammlungen dieser Art, den Matthias Schnitzler sehr treffend auf den Punkt bringt: "Wenn die Alten nicht so schlau gewesen wären, wären wir heute viel dümmer."
Bildinformation: Viele alte Gegenstände gibt es im Heimatmuseum von Kaisersesch zu sehen, unter anderem dieses Opelfahrrad.
Foto und Bericht: Beate Offenberg