Ab in die Tonne: Frieren für die Gesundheit
Eisblaue Lichtröhren an der Hauswand signalisieren bereits vor der Tür: hier wird’s frostig.
Doch warm und herzlich begrüßt Natalja Menke die Besucher in der Kältesauna „EisZeit“, die von der Familie im September in Kaisersesch eröffnet wurde. Mit im Boot sind Sohn Alexander und Tochter Alina-Luisa Menke. Das Geschäftsmodell scheint aufzugehen, berichten die Menkes. Mehrere Kunden pro Tag begeben sich für drei Minuten in eine Art Ganzkörperkühlschrank, wo sie durch die Zufuhr von Stickstoff bei minus 190 Grad Celsius freiwillig frieren. „Brrrr, warum das?“, fragt man sich. Die sogenannte Kryotherapie wurde in Japan entwickelt, um chronische Schmerzen zu lindern, die Muskelregenration bei Sportlern zu beschleunigen und um Toxine aus dem Gewebe zu entfernen. In der Sportmedizin ist die Kältetherapie als Methode zur Behandlung von Muskelverletzungen bekannt.
Technisch wird die Temperatur in der Kältekammer durch die Umwandlung von flüssigem in gasförmigen Stickstoff gewonnen, erläutert Menke: „Dabei entsteht eine sehr trockene und reine Kälte, die gut auszuhalten ist.“ Denn nur die oberen Hautschichten werden auf circa minus 5 bis 15 Grad heruntergekühlt. Die vitalisierende Wirkung auf den Körper entsteht, weil sich bei der starken Abkühlung der Körperoberfläche die Blutgefäße verengen. Der vermeintliche Kälteschock wirkt entzündungshemmend und schmerzlindernd, sagt Menke: „Die Wirkung ist durch viele Studien belegt.“ Hinzu komme, dass der Körper beim Wiedererwärmen Endorphine (Glückshormone) freisetze und die Muskeln entwässert werden. Gleichzeitig reichern sich die Muskeln mit Sauerstoff an, was leistungssteigernd vor dem Sporttraining oder bei sonstigen Aktivitäten wirkt.
Wer sich eine „Eis-Zeit“ nimmt, soll in drei Minuten etwa 700 Kalorien verbrennen, die Fettzellen schmelzen, weil der Stoffwechsel stark erhöht wird. Endlich abnehmen ohne Hungerdiäten und schweißtreibenden Sport? Zur Unterstützung der Gewichtsreduktion bei entsprechender Ernährung, ja, ist sich der Betreiber der Kältesauna sicher. Weitere Behandlungsmöglichkeiten bieten sich an unter anderem bei Schlafstörungen, Migräne, Rheuma und Allergien. Bevor Natalja Menke einen Kunden in die Kältekammer schickt, muss dieser einen Fragebogen zu seiner Gesundheit ausfüllen, und in einem Vorbereitungsgespräch wird er umfassend informiert. Bei bestimmten Krankheiten ist die Kryotherapie verboten, gegebenenfalls muss der Kunde eine ärztliche Bescheinigung vorlegen.
In der Regel müssen die Anwendungen privat bezahlt werden. Es kann aber auch sein, dass die Krankenkassen bei Vorlage einer entsprechenden ärztlichen Diagnose die Kosten übernehmen. Da Alexander Menke tagsüber in seinem Beruf arbeitet, betreut seine Mutter die Kunden. Um den sicheren Umgang mit Stickstoff zu lernen, haben Alexander und Natalja Menke Schulungen absolviert. Ein Zertifikat und Auflagen des Gesundheitsamtes berechtigen sie, die Kältetherapie gewerblich anzubieten.
Frier' dich fit, ist die Devise. Die Wirkung der Kältetherapie ist durch Studien belegt.
Familie Menke schwört auf die Kryotherapie.
Eva (der Name wurde geändert) traut sich zum ersten Mal in die „EisZeit“. In den sozialen Netzwerken hat die junge Frau von der Kaisersescher Neuheit erfahren und möchte „es einfach mal ausprobieren“. Nach Ausfüllen des Fragebogens und dem Infogespräch reicht Natalja Menke ihr einen kuscheligen Bademantel, warme Handschuhe und dicke Socken. In der Umkleidekabine zieht sie sich bis auf die Unterwäsche aus, rüstet sich mit Handschuhen und Socken aus und steigt in die angrenzende Kältekammer. Dann wird der Boden per Fernbedienung hochgefahren, bis Evas Kopf oben herausragt, und es geht los: Stickstoffnebel wabert in die Kammer, die auf einer Anzeige sichtbare Temperatur sinkt auf minus 190 Grad, die Uhr läuft. „Tanzen Sie, wenn Ihnen zu kalt wird“, empfiehlt Natalja Menke. Sie lässt Eva, die nun fröhlich auf und ab hüpft, nicht aus den Augen. Die Kundin könnte zudem jederzeit die Kammer verlassen, die Tür ist nicht verschlossen. Nach drei Minuten schaltet sich die Stickstoffzufuhr automatisch aus, Eva schlüpft in die Umkleidekabine und kommt im Bademantel heraus. Sie strahlt über das ganze Gesicht und versichert bei einer Tasse Tee: „Ich fühle mich richtig gut, irgendwie stärker und wacher.“ Eva möchte die Prozedur wiederholen und erkundigt sich nach einem Abo. Warme Geste beim Abschied: Eva darf sich ein Eisbonbon aus einer Schale mit nach Hause nehmen.
Nähere Informationen im Internet unter www.eiszeit-kaisersesch.de
Von unserer Mitarbeiterin Brigitte Meier
Bildinformation: Foto: Rhein-Zeitung