Kläranlage könnte Modell stehen
Kaisersesch. Modell könnte die Kläranlage Kaisersesch stehen für größere Kläranlagen in Rheinland-Pfalz.
Die Umrüstung der Kläranlage Kaisersesch könnte bereits im nächsten Jahr beginnen. Allerdings sagen Experten, dass die Kosten schwer zu beziffern sind, weil es keine „Technik von der Stange“ ist. Deswegen muss das Abwasserwerk auf Fördermittel aus Mainz hoffen.
Foto: Thomas Brost
Von unserem Redakteur Thomas Brost
Das integrierte Energiekonzept für die Kläranlage in Kaisersesch könnte zur Blaupause für 700 ähnliche kommunale Einrichtungen in Rheinland-Pfalz werden. Der Plan: Mit dem Einsatz der erneuerbaren Energien soll der Strombedarf bestritten werden. 20 Prozent des Stromverbrauchs aller kommunalen Einrichtungen werden von Kläranlagen "aufgefressen"- da tut Handeln not, hat sich die Verbandsgemeinde Kaisersesch auf die Fahne geschrieben (die RZ berichtete). Im nächsten Jahr könnte der Umbau von einer aeroben in eine anaerobe Wasserreinigungsanlage beginnen.
Diplom-Ingenieur Jörg Wirtz von der Firma Abo Wind (Wiesbaden) berichtete in der Jahrestagung des Wasserstoff-Brennstoffzellen-Kooperationsnetzwerkes in Kaisersesch von Chancen und Perspektiven im Bereich von Kläranlagen. Derzeit läuft eine Machbarkeitsstudie für das Kaisersescher Projekt inklusive einer Masterarbeit.
Detailliert erläuterte Jörg Wirtz, dass es darum gehe, das anfallende Faulgas in einem Gasspeicher, der gebaut werden muss, aufzufangen. Ferner soll das Faulgas in einem Blockheizkraftwerk verstromt werden. Das könnte zu 60 Prozent den Strombedarf der Kläranlage und gänzlich den Wärmebedarf decken.
Weitere Ideen, die für das Projekt eingebracht werden, betreffen die umweltfreundliche Stromerzeugung und den Einsatz von Wasserstoff. So könnte ein Windpark mit zwei Windenergieanlagen zur direkten Versorgung der Anlage dienen. Eine Fotovoltaikanlage, die auf einer Fläche von 200 Quadratmetern auf dem Dach des Hauptgebäudes angebracht werden würde, würde zusätzlichen Strom bereitstellen. So könne man flexibel auf Bedarfe reagieren.
Außerdem sei ins Gas eine Beimischung von bis zu zehn Prozent an Wasserstoff machbar. Der Wasserstoff ist lieferbar, wenn ein Überschuss aus Wind- und Sonnenstrom vorhanden ist. Die Speicherung von Wasserstoff und die Verstromung zusammen mit Faulgas sei im Blockheizkraftwerk möglich.
Zusätzlicher Sauerstoff - er entsteht aus der Elektrolyse in einem Elektrolyseur - könnte, so Wirtz, dafür verwendet werden, "die Effizienz der Kläranlage zu steigern" - auch zugunsten der biologischen Abwasserreinigung. Unterm Strich ließen sich 260 Tonnen an Kohlendioxid jährlich mit den komplexen neuen Verfahren in Kaisersesch einsparen.
In einer (viel) späteren Phase der Umrüstung könnte "grüner Wasserstoff" zur Mobilität gespeichert werden. "Den könnte man zur Verfügung stellen, um beispielsweise Wasserstoff-Brennstoffzellen-Autos zu betreiben", erläuterte Wirtz. Und das über eine Tankstelle praktisch vor der eigenen Haustür. Der "räumliche Zusammenhang" - Wirtz meinte die Nähe der Kläranlage zur Autobahn 48 - wäre als Standort einer Wasserstoff-Tankstelle geeignet. Und das wäre aus Sicht von Jörg Wirtz dann nicht weniger als "ein Leuchtturm in der Energiewende" in der Region. Wirtz wollte dies ausdrücklich als "Hinweis an die Politik" verstanden wissen, in diesem Bereich aktiv zu werden.
Mobil werden können die Bürger jetzt schon ohne den Einsatz fossiler Energieträger. Es verkehren Elektrobusse und E-Autos, ferner Kleinbusse und E-Gabelstapler. Aber angesichts der wenigen E-Zapfsäulen - zurzeit gibt es drei im Kreis - ist dies mehr oder minder noch Zukunftsmusik.
Bildinformation: Die Umrüstung der Kläranlage Kaisersesch könnte bereits im nächsten Jahr beginnen. Allerdings sagen Experten, dass die Kosten schwer zu beziffern sind, weil es keine „Technik von der Stange“ ist. Deswegen muss das Abwasserwerk auf Fördermittel aus Mainz hoffen.